Twen, das ist die Lebenszeit im Alter von 20 bis 30 Jahre. In meinem Fall lag meine Twen-Zeit in einer Dekade, die man die Neunziger nennt. Das war die Zeit des Abis, des Zivildienstes und die schön(st)e Zeit: dem Studiums. Es war die Zeit der Unbeschwertheit und die Zeit des teilweise unbedachten Handelns. Es war die Zeit der Parties, Kiffens und Konzerte, das Sex, Drugs & Rock’n’Roll der „Halbstarken“.
Das Internet war noch wirklich interessantes Neuland und das Handy und Mobilfunknetz steckte gerade in den Kinderschuhen. Es war das Web 1.0 und es gab noch keine Social-Networks und keine großen Player, die nun das Netz beherrschen. Dennoch funktionierte die Welt und das Leben sehr gut. Wir zahlen noch – sofern wir zahlten – in Bar und in D-Mark. Die Haare trug man lang, den Verstand kurz.
Es gab kaum ein Wochenende, an dem aus der großen Clique nicht irgendwer irgendwo eine Partie ausmachte. Es war die Zeit, in der wir mit knapp 15 Leuten in den Urlaub nach Griechenland fuhren, uns für 300 DM eine alte Karre kauften und es ging ab nach wohin wir wollten.
Es war die Zeit des PC69 mittwochs und freitags, des Falkendoms donnerstags und sonntags ins Forum (Enger). Darüber gab es noch viele „öffentliche“ Parties im Kamp, Chattanooga, die von und bei Tim’s Leihe in deren Lagerhalle und die Zeit der „Open Turntables“. Mein Weg nach Hause führte über diese Locations und hinterließ bei mir auch den einen oder anderen Filmriss. Wir kippten Bier und weißen Tequila auf den „What’s That Noise Tequila-Parties“. Die Musik zu der Zeit war nicht immer gut, aber es war auch die Zeit des Rock, Grunge, Techno und Electronic. Sie war zumindest von Bands/Musiker:innen und nicht von YouTube oder TikTok-Nichtstars.
Die Westendparties in der Uni wurden noch von den Fachbereichen selbst organisiert und die V2-Zahn-Parties legendär. Das „Casa“ war damals noch das „Cafe Casablanca“ und Dreh- und Angelpunkt des Frühschoppens und der Start ins Nachtleben. Das „Sounds“ wurde eröffnet und Ambiente-Abwechslung fand man im „Bitches Brew“ zu späterer Stunde und vorher in der „Kantine“. Das schnelle „Bier to Go“ gab es im „Fiesta“, bevor das „Mellow Gold“ einzog. Das Elfenbein öffnete seine Tore, die wir mit Fahrradschlösser wieder zumachten. Die „Blue Rat“ gab jeden Monat ihre Abschiedsparty und man fiel im Anschluss ins Sam’s. Arminia Bielefeld spielte in der Amateuroberliga und auf Auswärtsfahrten in der Provinz war das Bier in den Stadien schon meist aus, ehe das Spiel angepfiffen wurde.
Es war die Zeit der ONS und Quickies, man(n) nahm sich nach den Parties was „Warmes“ mit nach Hause. Wie erwähnt: Es war die Zeit der Unbeschwertheit und des teilweise unbedachten Handelns. Davon ausgenommen waren auch nicht ab und zu mal ein wenig „Handgemenge“. Uns war Vieles scheißegal. Aber wir waren niemals „satt“, es musste immer noch was mehr kommen, immer etwas draufsetzen. Erteilte Hausverbote hielten uns zur erneuten Einkehr nie auf.
Wir kickten in der Wilden Liga und zu der Zeit war sie auch noch wild. Keeper hatten Bauarbeiterhandschuhe, manche spielten in Docs vom Vorabend, sofern man nicht vor den Spielen noch nach Hause kam. Die Teams waren schon froh, wenn man es schaffte, 11 Leute mit den gleichen T-Shirt-Farben auf den Platz zu bekommen.
Einfach tun und machen. Es war die schönste Zeit und gerne würde ich die Uhr zurückdrehen. Weg von der Gesetztheit des Alters.